2. Projekttreffen in Cardiff, 25. Februar bis 3. März 2008

Rhaglen Comenius, Caerdydd, Cymru, Chewfror 25ain- 3ydd o Fawrth


Ortsschilder? Zweisprachig! Straßennamen? Nicht selten walisisch! Wie wird denn eigentlich der Name unserer Partnerschule ausgesprochen? „Ysgol Gymraeg Melin Gruffydd“… na, ungefähr „Isgol Gimra-eg Melin Griffith“! Das geht ja noch! Aber wie steht es mit „Hwyl Fawr“ (Viel Spaß)? Bei Melin Gruffydd handelt es sich übrigens um die Griffith-Mühle, die einst Zinn verarbeitete und noch bis in die fünfziger Jahre in nächster Umgebung der Schule am kleinen Flüsschen Taff stand.




An der Stelle, wo früher die Gruffydd-Mühle stand, wurde zur Erinnerung ein Mühlrad aufgebaut.

Walisisch ist eine Sprache, die so ganz anders ist als alles, was wir so gemeinhin an Sprachen kennen. Fraglich, ob wir die Sprache mit ihren vielen Rachen- und Zischlauten ohne Vorwissen Großbritannien zugeordnet hätten...




Eines der zahlreichen Plakate in der Schule

In unserer Partnerschule wird nur Walisisch gesprochen. Das ist etwas Besonderes, da sonst in Cardiff trotz zweisprachiger Beschriftungen Englisch eindeutig dominiert. Insgesamt sprechen nur 24 % der Bevölkerung in Wales noch die alte Sprache. Die Lehrkräfte sind aber offenbar alle mit Walisisch groß geworden und kommen vielfach aus Nord- oder West-Wales, wo Walisisch noch eine wesentlich größere Rolle spielt als in der walisischen Hauptstadt.

 

Die Lehrer unterrichten mit Leidenschaft! Der Erfolg der Schule gibt ihnen Recht: In die „Ysgol Melin Gruffydd“ gehen viele Schüler, die in der Familie ausschließlich Englisch sprechen, sogar Kinder, die nicht von den britischen Inseln stammen. Die Eltern sind überzeugt, dass ihre Kinder mit „Schulsprache“ Walisisch und „Familiensprache“ Englisch bessere Chancen haben werden. Walisisch ist anscheinend nicht ganz leicht zu lernen. Die Erfahrung beweist angeblich, dass die Schüler es viel leichter haben, eine weitere Sprache zu lernen, wenn sie sich erst einmal durch Walisisch „durchgebissen“ haben.

     



Unsere Partnerschule existiert mittlerweile seit etwa 28 Jahren. Die Gebäude sind eine Hinterlassenschaft des zweiten Weltkrieges, wo sie ein Lazarett und Sanatorium beherbergten. Zu einem großen Teil in Pavillon-Bauweise errichtet, waren sie ursprünglich nicht für längeren Bestand gedacht. Nun sind sie gut fünfzig Jahre alt, stehen immer noch und beherbergen außerdem auch noch eine englische Schule.





 

Auf dem Gelände befinden sich Kindergarten und Klassen der Jahrgangsstufen 1-6. Insgesamt gehen über 300 Mädchen und Jungen in die Schule. Es gibt eine Schuluniform: Graue Hosen oder Röcke, dunkelblaue Sweatshirts mit dem Schul-Logo. Die Kleidung erscheint einfach und praktisch.




Besonders eindrucksvoll für uns Besucher war der „Eisteddfodd“ am 1. März, dem Tag des walisischen Schutzheiligen St. David. Der „Eisteddfodd“ ist eine Art Wettbewerb, bei dem Schüler entweder als Gruppe oder einzeln  vor ihren Mitschülern Lieder und Gedichte vortragen. Eine Jury bewertet die Leistung und schickt die Gewinner in einen Wettbewerb auf regionaler Ebene. Wir haben gestaunt, auf welchem Niveau hier sehr schwierige Chorsätze zur Aufführung kamen – sicherlich zu einem großen Teil Sandras Verdienst. Sandra ist die Konrektorin, die wir bereits in Rumänien kennen lernten. Sie ist eine leidenschaftliche Klavierspielerin und eine beseelte Chorleiterin. Herrlich, wie hier Buben ohne Scheu vor ein großes Publikum treten und mit glockenreinen Stimmen Lieder vortragen! Dass in Wales viele Menschen gut singen können, mag daran liegen, dass auch sehr viel gesungen wird!


Am „Eisteddfodd“ waren die Schuluniformen größtenteils zu Hause geblieben. Während die jüngeren Schüler in der traditionellen walisischen Tracht gekleidet erschienen, trugen die Älteren die Farben der walisischen Fußballmannschaft, rot mit den „Welsh Feathers“ als Emblem.

Am „Nationalfeiertag“ begegnet man auch überall der „Nationalblume“: Selbst bei den Herren in der Stadt, die in dunklen Anzügen unterwegs zur Arbeit sind, sieht man die kleinen gelben Narzissen am Revers. Wie gut, dass Bethan, Organisatorin unserer Woche in Wales, für uns alle solche Narzissen besorgt hatte! Da brauchten wir uns nicht als Außenseiter zu fühlen.


Das Gebäude der früheren Hafenbehörde in Cardiff

Das Programm der sechs Tage war exzellent organisiert und überaus reichhaltig: Wir inspizierten auf einem Spaziergang die direkte Schulumgebung und trafen uns in mehreren Projektbesprechungen. Wir besuchten den „Rhondda Heritage Park“, wo in einem alten Kohlebergwerk die beschwerliche Förderung des „schwarzen Goldes“ erlebbar gemacht wird, dessen Verladung und Verschiffung über ein Jahrhundert hinweg Cardiff ernährte.


Rhondda Heritage Park

Wir hörten im Freilichtmuseum St. Ffagan etwas über die Sitten in Landschulen vor hundert Jahren, wo der „Welsh Knot“ immer an solche Schüler weitergegeben werden musste, die verbotenerweise Walisisch sprachen (eine Art Knebel). Wer am Ende des Schultages den Knoten hatte, bezog vom Lehrer eine Tracht Prügel!

Der "Welsh Knot" liegt auf dem Pult

Romantisch wirkten auf uns dagegen die hier wieder errichteten alten Bauernhäuser. Wie hart das Leben für die Bewohner tatsächlich gewesen sein muss, das können wir allerdings oft kaum ermessen.



Bauernhaus in St. Ffagan

Wir besichtigten die Burg von Cardiff, die im 19. Jahrhundert von einem „Kohlefürsten“ in ein Märchenschloss umgebaut worden war, wir verschafften uns einen Eindruck von der walisischen Nationalgalerie und wurden vom Oberbürgermeister der Stadt empfangen.



Cardiff Castle




Caerphilly Castle

Wir besuchten die eindrucksvolle Burgruine von Caerphilly, anschließend Llancaiach Fawr, ein Landhaus im Zustand der Tudorzeit, in dem Schauspieler die Besucher auf eine Zeitreise mitnehmen. Wir sahen außerdem das moderne Stadtzentrum Cardiffs, Cardiff Bay, im früheren Hafengebiet. Neben dem alten Backsteingebäude der Hafenbehörde stehen jetzt das ultramoderne walisische Parlamentsgebäude „Senedd“ und ein futuristisch anmutendes Nationaltheater, das „Millenium Centre“.





Senedd







Millenium Centre




Besonders schön fanden wir, dass bei diesem Treffen nun alle beteiligten Länder vertreten waren. Aus Guadeloupe waren Rachel und Brigitte angereist, aus Italien Arcangelica und Maria Grazia. Dan, Aurora und Speranta aus Falticeni, Rumänien, kannten wir ja bereits. Der Kreis der Waliser erweiterte sich noch um Illtud, den Schulleiter aus Cardiff und Huw.




                                                                                             Bernhard Apel

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